Berlin: Ukrainische Band Okean Elzy tritt im Metropol auf

In der Ukraine sind sie Stars, hierzulande noch weniger bekannt. Die vier Musiker von Okean Elzy geben am Dienstagabend ein Konzert in Berlin. Ein Gespräch über Berliner Baustellen, Blink182 und Konzerte in Luftschutzkellern.

Es muss eine apokalyptische Stimmung gewesen sein im Luftschutzkeller an der ukrainischen Front – umgeben von Kriegsgerät und ständiger Gefahr durch Raketeneinschläge. Swjatoslaw Wakartschuk, genannt Slava, will nicht viel von seinen Besuchen an der Front des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine erzählen. Nur so viel sagt der Sänger der Band Okean Elzy: "Die ukrainischen Soldaten sind 24 Stunden am Tag in dieser Situation. Da kann man seine Angst nicht zeigen. Man reißt sich zusammen." Obwohl es Situationen gegeben habe, die "wahrscheinlich lebensbedrohlich waren".

Wenn man mit der oder über die 1994 gegründete Band Okean Elzy ("Elsas Ozean") spricht, gibt es neben der Musik immer dieses zweite Thema. Denn die Gruppe will ihre Popularität nutzen, um zu demonstrieren: Wir sind solidarisch. Wir unterstützen die Ukraine bei ihren Bemühungen um ein baldiges Kriegsende.

Wenn es nicht gerade um seine Eindrücke vom Krieg geht, ist Slava sehr redselig. Seine Mitstreiter Miloš Jelić (Keyboard), Denys Hlinin (Schlagzeug) und Denys Dudko (Bass) kommen kaum zu Wort, wenn Slava loslegt. Aber es scheint ihnen nichts auszumachen.

Okean Elzy haben ihr erstes Album ganz auf Englisch aufgenommen

Beim Treffen in Berlin hat die Band ihr erstes Album, ganz in englischer Sprache, im Gepäck. Davor hat das Quartett immer nur einzelne Lieder auf Englisch herausgebracht. Es sei eine Herausforderung für ihn gewesen, Texte nicht in seiner Muttersprache zu verfassen. "Auf Ukrainisch konnte ich mich immer besser ausdrücken", sagt Slava, der quasi der alleinige Songschreiber des Quartetts ist. Doch am Ende sei es leichter, als man denkt.

Während der Aufnahmen zum neuen Album in Los Angeles haben Okean Elzy prominente Unterstützung bekommen. Durch einen Zufall sei ein Kontakt zum Blink-182-Schlagzeuger Travis Barker entstanden. "Unser Produzent hat auch für Blink182 gearbeitet. Er hat Travis angerufen und ihn gebeten, doch mal im Studio vorbeizukommen. Er wohnte ganz in der Nähe", verrät Slava. Ohne zu zögern, setzte sich Travis Barker für den Track "Lighthouse" an die Trommeln.

Dienstagabend tritt die Band im Metropol auf

Das Ergebnis ihrer Zusammenarbeit soll im Laufe des Jahres erscheinen. Bekannt ist bislang nur die erste Single, "Voices Are Rising". Einen Vorgeschmack auf das neue Album gibt es am Dienstagabend im ausverkauften Metropol in Schöneberg.

An die deutsche Hauptstadt hat Slava eine ganz besondere Erinnerung. Auf der Heimreise von einem Auftritt in Gernsbach nahe Karlsruhe – dem ersten außerhalb der Ukraine, wie er betont – sei man nachts in Berlin gestrandet. Mitte der Neunzigerjahre sei das gewesen. Ein Erlebnis, das bleibenden Eindruck auf Slava gemacht hat. "Berlin war damals eine einzige Baustelle. Der Stil der Stadt war postsowjetisch. Heute ist Berlin eine aufregende westeuropäische Stadt. Der Unterschied ist riesig."

Keyboarder erwartet emotionalen Auftritt in Berlin

Nun also die Rückkehr in die Bundeshauptstadt. Schön öfter haben Okean Elzy in Berlin gespielt, immer in vergleichsweise großen Hallen. Zum Konzert im kleineren Metropol werden wohl auch zahlreiche Ukrainer kommen. Zumindest war das seit dem Kriegsbeginn bei Shows in anderen Städten immer der Fall. "Heute sind alle unsere Auftritte sehr emotional. Aber hier in Berlin kann man den Zuschauern von der Bühne aus in die Augen blicken", sagt Keyboarder Miloš Jelić.

Und wenn die aktuelle Tour vorbei ist, soll es irgendwann auch wieder Auftritte an der Front geben. Falls der Wunsch von Okean Elzy bis dahin nicht in Erfüllung gegangen und der Krieg gegen Russland beendet ist.